Wie Murdoch aus Premiere Sky machte

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    • Wie Murdoch aus Premiere Sky machte

      Wie Murdoch aus Premiere Sky machte

      Unter dem Namen Sky versucht der erfolglose Bezahlsender Premiere einen Neustart. Doch das Angebot lockt weniger Kunden als geplant - und die Konkurrenz im Internet wächst rasant.

      So ganz haben sie sich in der Medienallee in Unterföhring noch immer nicht an ihren neuen Chef gewöhnt. Georg Kofler, der langjährige Hausherr, war ein Genussmensch, Südtiroler, der es gern gesellig hat und aus dem Stegreif eine Rede halten kann, mit der er das Publikum zum Lachen bringt. Der aktuelle, Mark Williams, ist ziemlich genau das Gegenteil. Der Australier gibt sich bei öffentlichen Auftritten nüchtern bis zur Einsilbigkeit. Und wenn das Geplänkel auf einem Empfang beendet ist, zieht er sich in sein Hotelzimmer zurück. Oder ins Büro. Weiterarbeiten.

      Der Chef von Sky Deutschland, da gibt es keine Zweifel, ist nicht zum Vergnügen hier. Vor 14 Monaten hat er seinen Job bei dem Bezahlsender, der damals noch Premiere hieß, angetreten. Installiert von seinem Arbeitgeber, dem Medienunternehmer Rupert Murdoch , der sein Pay-TV-Imperium auf ganz Europa ausdehnen will. Und es sieht so aus, als ob für Williams noch eine Menge zu tun bleibt. "Wir werden 2009 einen hohen und 2010 einen niedrigeren Verlust ausweisen", sagte der Manager kürzlich. Euphorie und Zuversicht klingen anders.

      Sky-Chef Mark Williams Mit großen Erwartungen ist Williams im Herbst 2008 angetreten. Immerhin hatte er zuvor den italienischen Ableger der Sendergruppe Sky Italia gedreht. Nun sollte der Mann aus Melbourne dem schwächelnden deutschen Sender, an dem Murdoch gut 40 Prozent der Anteile hält, zur Wende verhelfen. Die Quartalszahlen, die Williams am Donnerstag vorstellen wird, rechtfertigen indes kaum die Hoffnung auf eine schnelle Sanierung. Das Programm trifft noch immer nicht die Fernsehgewohnheiten ausreichend vieler Konsumenten, und Rivalen wie die Deutsche Telekom machen dem Sky-Chef kräftig Konkurrenz.
      Die Italienstrategie gilt in Unterföhring als Vorbild für den deutschen Markt. Binnen vier Jahren verwandelte Williams Sky Italia in Murdochs
      Auftrag vom Verlustbringer in einen profitablen Sender mit rund 86 Mio. Euro Gewinn im jüngsten Quartal. Neue Technik, attraktive Sportrechte,
      eine einfache Programm- und Preisstruktur sowie viel Marketing verschafften dem Sender zahlreiche neue Kunden.
      Daran mangelt es Sky Deutschland zurzeit noch deutlich. Zwar fantasiert man in der Zentrale nicht mehr wie in früheren Zeiten über zehn Millionen mögliche Abonnenten. Nach seinem Amtsantritt ließ Williams die aufgeblähte Kundenkartei um fast eine Million Karteileichen bereinigen.

      Will Murdochs Mann in die Gewinnzone kommen, müssen es jedoch schon ein paar mehr als die übrig gebliebenen 2,4 Millionen Abonnenten sein.
      3 bis 3,4 Millionen brauche er, um den Sender profitabel zu betreiben, rechnet Williams vor. Ende 2010 will er diese Schwelle erreichen. Tatsächlich wächst die Zahl der Nutzer neuerdings wieder leicht. Von den erforderlichen 100.000 bis 150.000 zusätzlichen Kunden pro Quartal ist der Sender dem Vernehmen nach jedoch weit entfernt.

      Daran hat auch die aufwendige Kampagne wenig geändert, mit der der Sender Anfang Juli seinen Neustart vollzogen hat. Alles ist auf Kunden-
      gewinnung ausgerichtet. Ein neuer Name, neue Programmpakete, eine neue Preisstruktur sollen das alte Premiere-Elend vergessen machen.
      Die Rundumerneuerung lässt sich Rupert Murdoch einiges kosten: Anzeigen und Werbespots haben einen Bruttowert von 100 Mio. Euro. Die
      Abschreibungen auf die alte Marke brachten dem Sender im zweiten Quartal einen Verlust von 366 Mio. Euro - bei 231 Mio. Euro Umsatz.
      Außerdem investiert Sky kräftig in die Fußball-Bundesliga. Dank Murdochs finanzieller Rückendeckung hält der Sender die Pay-TV-Rechte für
      die kommenden vier Jahre wieder direkt - und nicht mehr in Lizenz des gescheiterten Rivalen Arena. Rund 700.000 einstige Arena-Kunden müssen
      sich seit Juli einen neuen Anbieter suchen, wenn sie weiter Live-Fußball sehen wollen. Sky umwirbt sie mit Hingabe, bislang jedoch mit begrenztem Erfolg.

      Die Hauptattraktion, mit der Murdoch bei seinen Bezahlsendern BSkyB in Großbritannien und Sky Italia in Italien zahlreiche Kunden wirbt, zieht beim Ableger in Deutschland deutlich schlechter als erwartet. Zerknirscht räumte der Sky-Chef kürzlich ein, die Deutschen schienen "nicht so verrückt danach zu sein, die Spiele ihres Fußballklubs live zu sehen, wie die Italiener".
      Das könnte auch am Preis für das Bundesligaangebot liegen. Viele Kunden beklagen, dass die monatlichen Kosten des Sky-Angebots gegenüber dem 19,90 Euro teuren Premiere-Bundesligapaket deutlich gestiegen seien. Sky bietet die Livespiele nur gegen Aufpreis zu einem obligatorischen Basispaket an - und verlangt von den Fußballfans mindestens 32,90 Euro. Das Kombiangebot soll den Umsatz pro Kunden, der bislang im Schnitt bei monatlich 25 Euro liegt, deutlich steigern. Das ist eine der zentralen Voraussetzungen, um Sky rentabel zu machen

      Das Vertrauen der Aktionäre in Murdoch und seinen Statthalter scheint ungebrochen. Eine Kapitalerhöhung im April spülte rund 450 Mio. Euro in die Kassen: Drei Viertel der Summe steuerten hoffnungsvolle Altaktionäre bei, lediglich 115 Mio. Euro stammten von Murdoch selbst. Und auch danach hielt die Investorengemeinde dem Sender die Treue. Der Kurs der Sky-Aktie ist in den vergangenen sechs Monaten um fast 60 Prozent gestiegen auf mehr als 3 Euro.
      Eine derart hohe Bewertung hält Peter-Thilo Hasler für ungerechtfertigt. "Wir reden von einem Geschäftsmodell, das in Deutschland 20 Jahre lang nicht funktioniert hat", sagt der Viscardi-Analyst. "Nur weil Mark Williams in Italien Erfolg mit Sky Italia hatte, heißt das nicht, dass ihm dasselbe auch in Deutschland gelingt."

      Anders als in den meisten Staaten, in denen Murdoch Bezahlsender betreibt, gibt es hierzulande ein großes Angebot frei empfangbarer TV-Stationen. Premiere ist es nie gelungen, diese Dominanz zu brechen. Überdies schafft die zunehmende Digitalisierung immer neue Alternativen zu den Domänen des Bezahlfernsehens: hochkarätige Sportveranstaltungen, Blockbuster-Filme, Live-Events wie Konzerte - und Pornografie.
      Besonders deutlich zeigt sich der zunehmende Wettbewerb mit Onlineangeboten im Bundesligageschäft. "Das Internetfernsehen der Deutschen Telekom ist ganz klar eine Konkurrenz", sagt Nikolaus Mohr, Geschäftsführer für Medien, Unterhaltung und Telekommunikation bei der Unternehmensberatung Accenture. Für rund 25 Mio Euro pro Jahr darf der Konzern alle 612 Spiele der Bundesliga und der zweiten Liga live im Internetfernsehen übertragen, das mithilfe einer entsprechenden Empfangsbox ebenso über den heimischen Bildschirm flimmert wie klassisches Pay-TV.
      Sky Deutschland bezahlt für seine Lizenzen das Zehnfache. Dass der Sender im Herbst vergangenen Jahres die sogenannten IPTV-Rechte nicht gleich mit ersteigert hat, hält man inzwischen auch in Unterföhring für einen Fehler.

      Die Telekom drückt ihr IPTV-Angebot "Entertain" und den Fußballsender "Liga total", den sie gemeinsam mit dem Medienkonzern Constantin betreibt, derweil mit Millionenaufwand in den Markt. 885.000 Kunden hat sie bis Ende September gewonnen. Die angestrebte Million zum Jahresende ist greifbar. Wie viele Abonnenten tatsächlich Fußball schauen, ist zwar unklar. Ebenso, ob sich die Investitionen jemals rentieren. Doch jeder Entertain-Kunde fehlt dem Rivalen Sky auf dem Weg in die Gewinnzone.
      Fest steht: Das Verhalten ändert sich rasant. Vor allem junge Nutzer setzen immer stärker auf Video-on-Demand-Angebote. "Die Flexibilität der Bezahlangebote muss höher werden", sagt Accenture-Berater Mohr. Zwar hat Sky mit seinen "Select"-Paketen mittlerweile auch erste On-Demand-Angebote im Programm. Doch Konkurrenten wie das Portal Maxdome des TV-Konzerns Pro Sieben Sat 1 sind am Markt längst etabliert. Und das Angebot wächst. "Sky wird diese Entwicklung mitgehen müssen", orakelt Mohr.
      Senderchef Williams sieht dies ganz anders und stellt, wo immer er kann, die Vorzüge der bisherigen Übertragungstechnik heraus: "Satellit und Kabel werden auch auf lange Sicht der beste und effizienteste Weg für die Übertragung großer Datenmengen bleiben, wie sie für Sportereignisse oder Spielfilme notwendig ist."
      In Italien lag er mit dieser Einschätzung richtig. Unter den Mitarbeitern in Unterföhring wächst jedoch die Sorge, dass der Sender diesen technologischen Trend schlicht verschläft. Und Williams sein nüchterner Realismus diesmal trügt.

      Quelle:
      FTD

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