Seriencheck wird zum Offenbarungseid der "Cinema"

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    • Seriencheck wird zum Offenbarungseid der "Cinema"


      Die "Cinema" war mal Europas größte Filmzeitschrift. Den Zusatz musste man längst vom Cover entfernen. Und jetzt leistet die aktuelle Februar-Ausgabe auch noch inhaltlich einen doppelten Offenbarungseid von peinlicher journalistischer Qualität.

      Auf dem Cover war es nur eine von mehreren Geschichten. "Serien-Vorschau. Auf keinen Fall verpassen: die Highlights 2013." Doch auf Seite 12 eröffnet dann "2013 - Die große Serienvorschau" das Heft. Mit gleich 14 Seiten ist es die längste Story in der aktuellen Ausgabe der Kino-Zeitschrift "Cinema". Chefredakteur Artur Jung erklärt im Editorial, warum sich eine Filmzeitschrift den Serien widmet. Er gestehe, ein Serienjunkie zu sein. "So wie hier Geschichten erzählt werden, wie die Figuren sich entwickeln können, das gibt es im Kino kaum noch". Was er schreibt, ist nicht falsch. Aber als Chefredakteur der ehemals größte Kino-Zeitschrift Europas natürlich ein Offenbarungseid: Fernsehen ist besser als Kino. Das allein führt schon zu spannenden Fragen zur Zukunft der "Cinema".

      Doch was dann ab Seite 12 folgt, ist ein journalistischer Totalausfall. "Cinema TV-Check - Die Highlights aus den USA" steht dort über die erste Doppelseite dieser Aufmacher-Geschichte. Bebildert mit einem Szenenfoto aus "666 Park Avenue". Wahre Serienjunkies stutzen schon jetzt und befürchten Schlimmes. Die weiteren zwölf Seiten werden nicht besser. Gleich 36 Serien stellt die "Cinema"-Redaktion vor. DWDL.de hat zu all diesen Serien mal das gemacht, was die "Cinema" vergessen hat: Recherchiert. Mit einem ernüchterndem Ergebnis und einer auch über diese völlig verkorkste Titelgeschichte hinaus wichtigen Fragestellung, die an der Glaubwürdigkeit des Burda-Titels "Cinema" rüttelt.

      Aber der Reihe nach. Gehen wir zunächst einmal die Titelstory gemeinsam durch. Die Anwaltsserie "Made in Jersey", für die "Cinema"-Redaktion einer der Serienhits 2013, wurde im Oktober vergangenen Jahres nach nur zwei ausgestrahlten Folgen abgesetzt. Die restlichen schon produzierten Folgen wurden anderthalb Monate später auf dem in den USA unwichtigen Samstagabend versendet. Am 29. Dezember lief die letzte Folge. Dass dieser Flop ein Serienhit 2013 wird, ist eine ganz exklusive Meldung der "Cinema". Ebenso wie bei "Animal Practice". Die NBC-Comedy wurde ebenfalls im Oktober vorzeitig abgesetzt - die restlichen Folgen nur online veröffentlicht.

      Auch die bei FOX gelaufene Serie "The Mob Doctor" wurde längst wegen schlechter Quoten und Kritiken eingestellt. Die bei ABC gelaufene Serie "666 Park Avenue", Titelbild der ganzen Story, sogar vorzeitig abgesetzt. Die restlichen Folgen sollen irgendwann im Sommer versendet werden. Ähnlich ging es der Comedy "Ben and Kate" bei FOX. Die Comedy-Serie "Wedding Band" von TBS wurde vergangene Woche abgesetzt. Schon im November hingegen kündigte ABC das Aus der glücklosen Action-Serie "Last Resort" nach Staffel 1 an. Und auch The CW gab bereits im November die Einstellung der Medical-Serie "Emily Owens M.D." bekannt und "Beauty and the beast" dürfte bei The CW auch keine Zukunft haben. Doch die Kuriosität dieser Titelgeschichte mit dem Label "Die Highlights aus den USA" lässt sich noch steigern.

      Die Agentenserie "Hunted" kommt aus Großbritannien, nicht aus den USA. Die Serie war zudem so ein großer "Hit", dass die Fortsetzung nach Staffel 1 derzeit noch fraglich ist. Besser lief die BBC-Comedy "Cuckoo". Zur amerikanischen Serie macht es das aber trotzdem nicht. Die Sitcom "Citizen Khan" wird hingegen sicher in eine zweite Staffel gehen - bei der britischen BBC. Wechselt man über den Atlantik zurück in die USA, dann widmet sich die "Cinema" in ihrer Story weiteren "Highlights, auf die Sie sich freuen können", die jedoch erst in Zukunft starten. So ist "Deception", eine Mischung aus Krimi und Primtime-Soap, erst Anfang Januar und vermutlich nach Redaktionsschluss gestartet. Die Einschaltquoten der bei NBC laufenden Serie fielen jedoch in den ersten Wochen bereits deutlich. Tröstlich für den US-Sender, dass "Cinema" immerhin schon weiß, dass es doch noch ein Hit wird.

      Die Mystery-Serie "Cult" von The CW startet erst im Februar, die ABC-Serie "Zero Hour" im Februar, die Crime-Serie "Red Widow" (ebenfalls ABC) erst im März und die ABC-Comedy "How to live with your parents" im April. Die US-Adaption der britischen TV-Serie "Mistresses" startet ABC sogar erst im Mai. Die TV-Serie zur bekannten Story von "Hannibal" ist noch so neu, dass ein Sendestart noch nicht einmal feststeht. Gesehen hat sie auch noch niemand - außer die deutsche "Cinema" offenbar, die sich ihren Ruf ja vermutlich nicht durch Meinungen über Produktionen, die sie gar nicht gesehen hat, ruinieren würde. Oder? Für die Glaubwürdigkeit der Zeitschrift wäre so etwas fatal, bewegt sich doch die Kino-Berichterstattung allgemein, über "Cinema" hinaus, ohnehin im Spannungsfeld zwischen Journalismus und PR der Verleiher. Glaubwürdigkeit ist dort ein hohes Gut, dass die "Cinema" stets gut gepflegt hat.

      Weiter geht es aber mit der Titelstory der Peinlichkeiten: Der NBC-Comedy "Go On" verpasste die Fachredaktion der "Cinema" kurzerhand einen neuen Titel und nennt sie "Let it go". Immerhin stimmt es: Die Serie kam bei Kritikern gut an, und auch wenn die Quoten zuletzt gefallen sind, ist das Schicksal für "Let it go", pardon, "Go On", nach Staffel 1 noch nicht besiegelt. Die ebenfalls bei NBC laufenden Comedy "Guys with kids" holt hingegen maue Einschaltquoten - und ebenso maue Kritiken noch dazu so wie auch "1600 Penn" über die First Family im Weißen Haus. Serienhits sehen anders aus. Immerhin bessere Kritiken als zuletzt Quoten bekam eine andere NBC-Comedy: "The New Normal". Zukunft aber noch unklar. Mau lief auch die MTV-Comedy "Underemployed".

      Aber nach all diesen Flops finden sich in der Aufstellung der "Cinema" auch einige Serienhits. Darunter zum Beispiel die BBC America-Krimiserie "Copper" u.a. mit Franka Potente. "Arrow" läuft bei The CW zumindest für The CW-Verhältnisse recht gut. TNT ist sehr glücklich mit der Krimiserie "Major Crimes". Comedy Central wiederum freut sich über den Erfolg der Animationsserie "Brickleberry" und FX über die auch in zweiter Staffel starke "American Horror Story" sowie "Anger Management". Nach zehn Folgen der ersten Staffel der neuen Charlie Sheen-Serie kaufte der Kabelsender gleich 90 weitere. Ein Quoten-Überflieger war die Miniserie "Hatfields & McCoys" (mit Kevin Costner), die erste fiktionale Eigenproduktion des History Channel in den USA.

      Aber auch bei den großen Networks gibt es Hits: So zum Beispiel die ABC-Comedys "Malibu Country" und "The Neighbors" oder die, sagen wir, musikalische Dramaserie "Nashville". Bei NBC freut man sich über den Erfolg von "Chicago Fire" und FOX ist vorerst zumindest glücklich über "The Following" mit Kevin Bacon. Die Serie startete erst vor einer Woche. Dass es wirklich ein Hit wird, weiß bislang nur "Cinema". Nach 14 Seiten Titelstory mit 36 vorgestellten Serien ist das Ergebnis ernüchternd. Nur über 13 der Serien lässt sich verlässlich sagen: Sie sind US-Serienhits. Doch wichtiger als diese Statistik ist die Erkenntnis: Schuster, bleib bei deinen Leisten. Und mit voreiligen Urteilen über Produktionen, die man nicht gesehen hat, sollte die "Cinema"-Redaktion vorsichtig sein. Es wäre sonst schade um eine traditionsreiche Zeitschrift.

      Quelle: dwdl.de
      :D Humor ist wenn man trotzdem lacht! :D
      I Cui honorem, honorem
      Besser der Arsch leidet Frost, als der Hals Durst (Martin Luther)
      "E Ola Mau Ka 'Olelo Hawai'i"

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