[-Meinung-] Der Satellitenbetreiber SES hat in seiner Bilanz am Freitag Fragen im Zusammenhang mit der umstrittenen Pay-TV-Plattform "HD+" aufgeworfen. Derzeit werden nur 250.000 zahlende Kunden ausgewiesen, wie hoch die Quote der zahlungswilligen Haushalte nach Ablauf der zwölfmonaten Gratisphase ausfällt - die "Conversion Rate" -, dazu gab's erstaunlicherweise nur eine schwammige Aussage.

Ein Sprecher des Konzerns wollte die in der Mitteilung gemachte Angabe "deutlich über 50 Prozent" nicht spezifizieren und flüchtete sich in die Auskunft, dass man erst im Verlauf des Novembers genaueres mitteilen könne. Kennt das Unternehmen möglicherweise noch gar keine exakten Zahlen - ganz im Gegensatz etwa zu den belegten Transpondern der SES-Satellitenflotte? Was ist mit "deutlich über 50 Prozent" gemeint? 51 Prozent? 52 Prozent? 53 Prozent? Man weiß es nicht, aber im Zweifel gilt: Eine kernige Aussage macht sich immer gut in einer Mitteilung an die Medien, auch, wenn die "Conversion Rate" im Vergleich zu Ende März deutlich gesunken ist.
Wie auch immer: SES, SES Astra und auch deren Tochter HDplus werfen der SAT+KABEL regelmäßig tendenziöse Berichterstattung im Zusammenhang mit "HD+" vor. Weshalb? Weil wir nicht in Jubelschreie ausbrechen, dass unsere Leser für werbeunterbrochene Privatsender mit technischen Aufnahme-Restriktionen und einem Großteil hochskalierter Formate freiwillig 50 Euro (noch) jährlich blechen sollen? Sondern dies vielmehr kritisieren und sehr deutlich auf die verbundenen Nachteile hinweisen? Die Beteiligten beteuern gebetsmühlenartig, dass der Zuschauer ohne "HD+" eben keine hochauflösenden Spielfilme oder Serien sehen könne, weil die Kosten für Lizenzen und auch der Neuaufbau der HD-Infrastruktur schlicht zu teuer seien.
Das ist doch kompletter Unsinn: Es gibt seit Erfindung des Fernsehens eine technische Evolution, um den Zuschauer bei der Stange zu halten. Vom Schwarzweiß-Bild ging es Richtung Farbfernsehen, danach wurde das 4:3-Bild in das kinofreundlichere 16:9-Format gewandelt, nach dem Monoton kam Stereo, danach Mehrkanal. All dies gehört zu den regulären Investitionsrisiken, die ein kommerzieller TV-Sender tragen muss, wenn er sein Publikum erreichen will. Schließlich verkauft er Werbung und erhält keine Gebühren. Dass dies mit dem logischen Schritt vom SD- zum HD-Fernsehen anders sein soll, ist nicht einzusehen. Denn nach ein paar Jahren haben sich die Kosten für die Umstellung armotisiert, die Inhalte sind identisch.
Mit anderen Worten: Die finanziellen Unwägbarkeiten einer neuen Technologie muss ein werbefinanzierter Fernsehkanal wie in der Vergangenheit seriös einkalkulieren, die Risiken bewerten, eine Entscheidung treffen, am Ende die Kosten aber nicht dem Zuschauer samt irgendwelcher Einschränkungen aufbürden - schließlich zahlen wir alle schon an der Supermarktkasse das private Fernsehen. Hersteller wie BMW oder Henkel knöpfen uns beim Einkauf eines Produkts einen winzigen Anteil ihres Werbebudgets für die TV-Spots wieder ab.
Wer will schon doppelt zahlen? Das aber droht nun dauerhaft - denn irgendwann schalten die Anbieter ihre SD-Programme ab oder lassen sie zu Preview-Kanälen verkommen. Man wird das Gefühl nicht los, dass die Sender und im Zuge dessen auch SES mit HDTV eine einmalige Gelegenheit wittern, dem Zuschauer in die Tasche zu greifen - und das nun mit aller Macht durchpauken wollen. Mit der 16:9-Einführung und Dolby Digital war es schließlich nicht gelungen.
Gerne wird übrigens auch auf den "Signalschutz" verwiesen, aber auch dieses Argument zählt nicht: Welcher professionelle Raubkopierer wartet zwei Jahre lang auf eine werbeunterbrochene TV-Ausstrahlung? Und selbst wenn: Er würde sich kaum von einer Verschlüsselung von seinem Treiben abhalten lassen.
"HD+" und Konsorten machen das lineare Fernsehen kaputt
Ich meine: "HD+" und die beteiligten Kanäle machen das lineare Fernsehen in seiner jahrzehntelang bekannten Form regelrecht kaputt. Statt sich von Video-on-Demand-Diensten, dem Internet ganz allgemein oder DVD und Blu-ray mit all ihren DRMs, Kopierschutzverfahren und datenschutzrechtlich bedenklichen Modellen positiv abzusetzen, wird dem Konsumenten das TV-Vergnügen mit unzumutbaren Hindernissen wie überflüssigen Restriktionen bei der Aufzeichnung, zusätzlichen Kosten und seiner Adressierung verleidet. Warum denn nur?
Gerade das Satellitenfernsehen hatte mindestens einen unschlagbaren Vorteil: Es war sehr unkompliziert! Spiegel an die Hauswand schrauben, justieren, einen der zahlreichen Receiver kaufen, einschalten, fertig. Heute muss sich ein Zuschauer mit technischen Details auseinandersetzen, die ihn nicht interessieren und für die er ein technisches Studium braucht. Ein Grund übrigens, weshalb auch das digitale Kabelfernsehen in Deutschland nicht vom Fleck kommt. Zertifizierte Receiver, zweifelhafte Schnittstellen wie "CI+", verschiedene Smartcard-Typen, hohe Kosten, überforderte Hotlines. Es ist kein Vergnügen mehr, den HD-Fernseher einzuschalten.
Schade, dass ausgerechnet SES bzw. dessen Tochter SES Astra bei diesem Spiel kräftig mitmischen und ihren sogenannten Unique Selling Point verspielen. "Wir sind die Guten!" hatte sich der Konzern vor den Projekten Dolphin, Entavio und nun "HD+" mit bestem Gewissen ans Revers heften können. Jetzt nicht mehr.
Quelle:
Pit Klein, Hrsg. SAT+KABEL

Ein Sprecher des Konzerns wollte die in der Mitteilung gemachte Angabe "deutlich über 50 Prozent" nicht spezifizieren und flüchtete sich in die Auskunft, dass man erst im Verlauf des Novembers genaueres mitteilen könne. Kennt das Unternehmen möglicherweise noch gar keine exakten Zahlen - ganz im Gegensatz etwa zu den belegten Transpondern der SES-Satellitenflotte? Was ist mit "deutlich über 50 Prozent" gemeint? 51 Prozent? 52 Prozent? 53 Prozent? Man weiß es nicht, aber im Zweifel gilt: Eine kernige Aussage macht sich immer gut in einer Mitteilung an die Medien, auch, wenn die "Conversion Rate" im Vergleich zu Ende März deutlich gesunken ist.
Wie auch immer: SES, SES Astra und auch deren Tochter HDplus werfen der SAT+KABEL regelmäßig tendenziöse Berichterstattung im Zusammenhang mit "HD+" vor. Weshalb? Weil wir nicht in Jubelschreie ausbrechen, dass unsere Leser für werbeunterbrochene Privatsender mit technischen Aufnahme-Restriktionen und einem Großteil hochskalierter Formate freiwillig 50 Euro (noch) jährlich blechen sollen? Sondern dies vielmehr kritisieren und sehr deutlich auf die verbundenen Nachteile hinweisen? Die Beteiligten beteuern gebetsmühlenartig, dass der Zuschauer ohne "HD+" eben keine hochauflösenden Spielfilme oder Serien sehen könne, weil die Kosten für Lizenzen und auch der Neuaufbau der HD-Infrastruktur schlicht zu teuer seien.
Das ist doch kompletter Unsinn: Es gibt seit Erfindung des Fernsehens eine technische Evolution, um den Zuschauer bei der Stange zu halten. Vom Schwarzweiß-Bild ging es Richtung Farbfernsehen, danach wurde das 4:3-Bild in das kinofreundlichere 16:9-Format gewandelt, nach dem Monoton kam Stereo, danach Mehrkanal. All dies gehört zu den regulären Investitionsrisiken, die ein kommerzieller TV-Sender tragen muss, wenn er sein Publikum erreichen will. Schließlich verkauft er Werbung und erhält keine Gebühren. Dass dies mit dem logischen Schritt vom SD- zum HD-Fernsehen anders sein soll, ist nicht einzusehen. Denn nach ein paar Jahren haben sich die Kosten für die Umstellung armotisiert, die Inhalte sind identisch.
Mit anderen Worten: Die finanziellen Unwägbarkeiten einer neuen Technologie muss ein werbefinanzierter Fernsehkanal wie in der Vergangenheit seriös einkalkulieren, die Risiken bewerten, eine Entscheidung treffen, am Ende die Kosten aber nicht dem Zuschauer samt irgendwelcher Einschränkungen aufbürden - schließlich zahlen wir alle schon an der Supermarktkasse das private Fernsehen. Hersteller wie BMW oder Henkel knöpfen uns beim Einkauf eines Produkts einen winzigen Anteil ihres Werbebudgets für die TV-Spots wieder ab.
Wer will schon doppelt zahlen? Das aber droht nun dauerhaft - denn irgendwann schalten die Anbieter ihre SD-Programme ab oder lassen sie zu Preview-Kanälen verkommen. Man wird das Gefühl nicht los, dass die Sender und im Zuge dessen auch SES mit HDTV eine einmalige Gelegenheit wittern, dem Zuschauer in die Tasche zu greifen - und das nun mit aller Macht durchpauken wollen. Mit der 16:9-Einführung und Dolby Digital war es schließlich nicht gelungen.
Gerne wird übrigens auch auf den "Signalschutz" verwiesen, aber auch dieses Argument zählt nicht: Welcher professionelle Raubkopierer wartet zwei Jahre lang auf eine werbeunterbrochene TV-Ausstrahlung? Und selbst wenn: Er würde sich kaum von einer Verschlüsselung von seinem Treiben abhalten lassen.
"HD+" und Konsorten machen das lineare Fernsehen kaputt
Ich meine: "HD+" und die beteiligten Kanäle machen das lineare Fernsehen in seiner jahrzehntelang bekannten Form regelrecht kaputt. Statt sich von Video-on-Demand-Diensten, dem Internet ganz allgemein oder DVD und Blu-ray mit all ihren DRMs, Kopierschutzverfahren und datenschutzrechtlich bedenklichen Modellen positiv abzusetzen, wird dem Konsumenten das TV-Vergnügen mit unzumutbaren Hindernissen wie überflüssigen Restriktionen bei der Aufzeichnung, zusätzlichen Kosten und seiner Adressierung verleidet. Warum denn nur?
Gerade das Satellitenfernsehen hatte mindestens einen unschlagbaren Vorteil: Es war sehr unkompliziert! Spiegel an die Hauswand schrauben, justieren, einen der zahlreichen Receiver kaufen, einschalten, fertig. Heute muss sich ein Zuschauer mit technischen Details auseinandersetzen, die ihn nicht interessieren und für die er ein technisches Studium braucht. Ein Grund übrigens, weshalb auch das digitale Kabelfernsehen in Deutschland nicht vom Fleck kommt. Zertifizierte Receiver, zweifelhafte Schnittstellen wie "CI+", verschiedene Smartcard-Typen, hohe Kosten, überforderte Hotlines. Es ist kein Vergnügen mehr, den HD-Fernseher einzuschalten.
Schade, dass ausgerechnet SES bzw. dessen Tochter SES Astra bei diesem Spiel kräftig mitmischen und ihren sogenannten Unique Selling Point verspielen. "Wir sind die Guten!" hatte sich der Konzern vor den Projekten Dolphin, Entavio und nun "HD+" mit bestem Gewissen ans Revers heften können. Jetzt nicht mehr.
Quelle:
Pit Klein, Hrsg. SAT+KABEL
:D Humor ist wenn man trotzdem lacht! :D
I Cui honorem, honorem
Besser der Arsch leidet Frost, als der Hals Durst (Martin Luther)
"E Ola Mau Ka 'Olelo Hawai'i"