Schock für Sky - Pay-TV-Urteil hebelt Exklusivrechte in Europa aus

    • Schock für Sky - Pay-TV-Urteil hebelt Exklusivrechte in Europa aus

      Bislang haben sich Pay-TV-Anbieter wie BSkyB auf dem europäischen Markt streng abgeschottet: Wer in Deutschland lebt, hat nur über dubiose Umwege die Chance, britisches Bezahlfernsehen zu sehen. Das wird sich bald ändern, denn im Streit um exklusive Vermarktungsrechte innerhalb Europas hat sich eine Pub-Besitzerin vor dem Europäischen Gerichtshof durchgesetzt.

      So muss nun zunächst die Exklusiv-Vermarktung von Fernsehrechten im Profifußball geändert werden: Der EuGH
      entschied am Dienstag in Luxemburg, dass zum Empfang von Übertragungen im Bezahlfernsehen die Nutzung ausländischer Smartcards nicht untersagt werden darf. Laut Gericht verstoßen Exklusivitätsrechte gegen den Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs sowie gegen das Wettbewerbsrecht der EU, da sie den europäischen Binnenmarkt in nationale Märkte trennen (Rechtssachen C-403/08 und C-429/08). Eine Berufung ist nicht möglich, der juristische Krach dauerte mehrere Jahre.

      In der Mitteilung des Gerichts heißt es wörtlich: "Zwar schließt es das Wettbewerbsrecht der Union grundsätzlich nicht aus, dass ein Rechtsinhaber einem einzigen Lizenznehmer das ausschließliche Recht überträgt, einen Schutzgegenstand in einem bestimmten Zeitraum von einem einzigen Sendemitgliedstaat oder von mehreren Sendemitgliedstaaten aus über Satellit auszustrahlen. Doch dürfen die Lizenzverträge den Rundfunkanstalten nicht jede grenzüberschreitende Erbringung von Diensten im Zusammenhang mit den betreffenden Sportereignissen untersagen, weil ein solcher Vertrag es erlauben würde, jeder Rundfunkanstalt eine absolute gebietsabhängige Exklusivität einzuräumen, er damit jeglichen Wettbewerb zwischen verschiedenen Rundfunkanstalten im Bereich dieser Dienste ausschalten und so die nationalen Märkte nach den nationalen Grenzen abschotten würde."

      Das Urteil ist an dieser Stelle abrufbar und geht weit über den aktuellen Streitfall hinaus, erstreckt sich auch auf andere Bereiche wie Spielfilme: In Zukunft können ausländische Pay-TV-Anbieter gefahrlos abonniert und konsumiert werden. Bis dato findet dies in einer rechtlichen Grauzone statt, weil Konzerne wie BSkyB unter anderem einen Wohnsitz im entsprechenden Land voraussetzen.

      Ausgelöst hatte den Streit die britische Premier League, die sich mit einer Pub-Besitzerin anlegte, die mit einer griechischen Smartcard in England Fußballspiele gezeigt hatte (Rechtssache C-403/08). Die Football Association Premier League (FAPL), die sich um die Vermarktung der Premier-League-Spiele kümmert, hatte gegen die Verwendung der Karten geklagt. Unternehmen würden Smartcards aus dem Ausland in das Vereinigte Königreich importieren und sie Gaststätten zu günstigeren Preisen anbieten als die heimischen Lizenznehmer, ärgerte sich der Verband.

      Die Pub-Besitzerin setzte mit dem Urteil durch, dass sie in Zukunft die Übertragungen vom Anbieter ihrer Wahl beziehen kann. Sie stützte sich dabei auf die Dienstleistungsfreiheit in der EU und erhielt vom höchsten europäischen Gericht recht.

      Für den deutschen Pay-TV-Anbieter Sky ist der Richterspruch ein Schock

      Auch für den deutschen Pay-TV-Anbieter Sky ist der Richterspruch ein Schock. So könnten Kneipenbesitzer hierzulande gefahrlos auf preiswertere Fußball-Abonnements ausweichen, sofern ausländische Anbieter Rechte für die Bundesliga oder UEFA-Spiele einkaufen und per Satellit übertragen. Der Aktienkurs des Münchner Bezahlsenders rauschte am Montagmorgen um mehr als fünf Prozent auf 1,66 Euro herunter, zuletzt dümpelte der Kurs längere Zeit bei rund zwei Euro.

      Klar ist schon jetzt: Das EU-Urteil zu Ungunsten von BSkyB hat weitreichende Folgen für die gesamte Medienlandschaft in Europa und gilt auch für Musik oder Bücher. Rechteinhaber müssen in Zukunft europäische Vermarktungsstrategien entwickeln und dürfen keine Abschottung innerhalb der EU mehr betreiben.

      Rechtsexperten hatten bereits im Vorfeld der EuGH-Entscheidung von einem "Bosman-Urteil" im Medienbereich gesprochen. Der Fußballer Jean-Marc Bosmann hatte mit einer Klage das europäische Transfersystem von Profispielern auf den Kopf gestellt. Das Urteil kam nicht aus heiterem Himmel: Bereits vor der Urteilsverkündung war eine hohe Gerichts-Gutachterin zu der Ansicht gekommen, dass durch die Verwendung ausländischer Decoderkarten die kommerzielle Verwertung der Rechte nicht unterlaufen werde. Schließlich würden die entsprechenden Gebühren für diese Karten entrichtet.

      In dem aktuellen Grundsatzurteil ging es übrigens auch um Fragen des Urheberrechts. Das höchste EU-Gericht entschied, dass einzelne Teile einer Übertragung wie beispielsweise die Hymne der Premier League geschützte Werke seien. Fußballspiele selbst seien hingegen keine geschützten Werke. In einem Lokal gezeigte Übertragungen, die die Auftaktvideo-Sequenz oder die League-Hymne enthielten, seien eine "öffentliche Wiedergabe", die vom Urheber gebilligt werden müsse.

      Pub-Wirtin reagiert sehr erleichtert

      Die Pub-Wirtin unterdessen hat auf die EugH-Emtwcheidung wie erwartet reagiert: "Sie ist überwältigt vor Erleichterung", sagte ihr Anwalt Paul Dixon der BBC. "Es war ein langer Weg für sie, aber sie ist hocherfreut, dass der Fall nun wieder nach London vor den High Court zurückkommt, wo er bald abgeschlossen wird, wie wir hoffen", sagte Anwalt Dixon. Das Urteil auf europäischer Ebene muss noch von einem britischen Gericht bestätigt werden. Dies gilt als höchstwahrscheinlich. Der Spruch bedeute einen größeren Wettbewerb im Fernsehmarkt. "Soviel ist sicher", sagte Dixon.

      DFL von Gerichtsurteil zu Pay-TV nicht überrascht

      Mit großer Zurückhaltung hat die Deutsche Fußball Liga (DFL) die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zur Änderung der Exklusiv-Vermarktung von Fernsehrechten im Profifußball aufgenommen. "Dieses Urteil hat sich nach der Stellungnahme der Generalanwältin abgezeichnet, die DFL ist daher nicht überrascht. Wir werden nun die Urteilsbegründung hinsichtlich möglicher Konsequenzen prüfen", teilte die DFL in einer Stellungnahme am Dienstag mit. Die DFL hatte sich gemeinsam mit ihrer Vertriebstochter DFL Sports Enterprises in den vergangenen Monaten intensiv mit der Thematik befasst und Vorkehrungen getroffen, um Auswirkungen sowohl auf die nationalen als auch die internationalen Medienrechte soweit wie möglich einzuschränken. "Dennoch müssen wir feststellen, dass auf europäischer Ebene die von den Rechte-Nachfragern akzeptierte Praxis mit individuellen Rechte-Zuschnitten für unterschiedliche Gebiete trotz zahlreicher Warnungen infrage gestellt wird", hieß es in der Mitteilung.

      Bezahlsender Sky Deutschland pfeift laut im dunklen Wald

      Der Bezahlsender Sky Deutschland erwartet aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes keine Konsequenzen für das eigene Geschäft. Zunächst müsse der Richterspruch in Großbritannien in Recht umgesetzt werden, sagte ein Sprecher am Dienstag in München. Dann seien die Rechteverkäufer am Zuge, sich Gedanken über die künftige Vermarktung etwa von Sportrechten zu machen. Erst an dritter Stelle sei dann Sky Deutschland an der Reihe. Dann biete der Spruch möglicherweise Chancen, die eigenen Produkte künftig auch in anderen Ländern anzubieten, hieß es sehr optimistisch. Der tief in den roten Zahlen steckende Sender hatte zuletzt bei seinen Abo-Zahlen kräftig zugelegt und hat rund 2,76 Millionen Kunden. Der Aktienkurs von Sky stürzte am Dienstag um zehn Prozent auf 1,55 Euro ab - und rangierte damit so tief wie über ein Jahr nicht mehr.

      Der Marketing-Experte Hartmut Zastrow erwartet nach dem EuGH-Urteil unterdessen "kein Erdbeben" für die Bundesliga. "Die Bundesliga muss nicht zittern", sagte der Vorstand des Sportmarketing-Unternehmens "Sport + Markt" am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa. Die Bundesliga müsse eher "mit homöopathischen Einnahmenseinbußen" durch den Wegfall der TV-Vermarktung in Europa rechnen. "20 bis 25 Millionen Euro sind da in Gefahr, das wäre zu verkraften", meinte Zastrow. Der englischen Premier League prophezeite er dagegen ein "massives Problem". Englands Eliteklasse könnte durch Auslandsvermarktung 300 bis 400 Millionen Euro pro Jahr verlieren, so Zastrow. Langfristig könne dieses Urteil sogar ein Vorteil für die Bundesliga sein, "denn alles, was andere große Ligen in ihrer TV-Vermarktung beschränkt, in der die Bundesliga nicht so hohe Einnahmen aufweist, ist gut für die DFL".

      Keine Vorteile für die Zuschauer?

      Welche Vorteile das Urteil den TV-Zuschauern bringt, ist noch unklar. Zwar stehen jetzt theoretisch Anbieter in verschiedenen Ländern im Wettbewerb miteinander, sagte die Medienexpertin der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG, Vera-Carina Elter, am Dienstag. Ob das Auswirkungen auf die Preise haben wird, sei aber noch offen. "Ich glaube, dass die Auswirkung nicht so erheblich sein wird", sagte Elter. Nur bei großen und wichtigen Sportrechten gebe es angesichts der regional stark unterschiedlichen Medienmärkte überhaupt eine europaweite Nachfrage. "Ein Zuschauer, der nichts anderes als Fußball sehen will, kann nun in Europa nach dem günstigsten Anbieter suchen", sagte Elter. Das Urteil besage aber, dass Fernsehzuschauern der Zugang zu europäischen Pay-TV-Alternativen im Heimatland nicht verwehrt werden dürfe. Und das gilt nicht nur für Fußball.

      Quelle: satundkabel.de
      :D Humor ist wenn man trotzdem lacht! :D
      I Cui honorem, honorem
      Besser der Arsch leidet Frost, als der Hals Durst (Martin Luther)
      "E Ola Mau Ka 'Olelo Hawai'i"

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